Kopf und Körper erlauben es mir heute zum ersten Mal seit Tagen, wieder klarere Gedanken zu fassen – knapp fünf Tage hats mich grad richtig ausgeknockt. Das erste Mal seit gut einem Jahr. Ja, die ersten sommerlichen Temperaturen waren da, und vielleicht habe ich sie überschätzt, als darauf wieder kältereiche Tage folgten. Vielleicht habe ich aber auch meine eigenen Pläne, die ich mir Woche für Woche in meinen Kalender eingetragen habe unterschätzt.
Fakt ist, ich habe schon vorher an körperlichen Anzeichen bemerkt, dass ich momentan ganz schön gut auf Tour bin – warum ich nichts geändert habe? Weil ichs nicht wollte und will, vermute ich. Jedes einzelne Event, jede Verabredung nach Feierabend, jeder Vino mit Freunden und jedes mal Losziehen mit der Kamera, jedes dieser Male will ich. Und neben all dem steht natürlich außer Frage, dass ich morgens erst einmal für meinen Vollzeitjob aufstehe – tagsüber die Arbeit, abends das Vergnügen.
Und weil ich nicht perfekt bin, und weil wir das alle nicht sind und weil wir alle immer wieder nach Optimierung streben, beschäftigt mich schon länger die Frage, was und wie Ichs ändern kann. Ändern, dass ich mich hetze oder bei Gesprächen im Anschluss merke, nicht richtig zugehört zu haben, weil sich mein Gedankenrad dreht, während ich nickend „zuhöre“. Ich beobachte, dass wirkliches Abschalten schwieriger wird , die Momente innerer Ruhe seltener.
Diese Momente, die wir uns selbst schaffen sollten, um auf unser Inneres zu hören und überhaupt unseren Alltag zu verarbeiten. Zu selten. Weiß ich für mich. Ich schaffe sie mir nicht oft genug bewusst, sondern warte vielmehr darauf, dass sie sich durch Absagen ergeben. Und Hand aufs Herz, habt ihr euch noch nie gefreut, wenn ein Freund spontan abgesagt hat, ein Termin spontan verlegt wurde? Weil ihr dann den ganzen Abend unvorhergesehen für euch hattet?
„Das Leben ist ein Fluss“ heißt es so schön, und ich vertraue grundsätzlich immer darauf, dass wie eine gute Freundin immer wieder zu sagen pflegt „all things will fall apart in the end.“ Und so habe ich keinen genauen 5-Jahres-Plan, weil die Dinge am Ende ja ohnehin meist anders kommen, als erwartet. Und weil ich das Unvorhergesehene irgendwo auch mag.
Im Austausch mit Freunden & Bekannten stellt sich oft heraus, dass besonders Menschen meiner Generation, die Y-ler, eine innere Getriebenheit verspüren. Einfach gesagt, den Wunsch, endlich „seinen Platz“ zu finden. Sei es der richtige Job, der einem am Ende des Tages eine Sinnhaftigkeit mitgibt (mein Vater würde hier schon aufjammern, nach welch einem Luxus hier denn gestrebt würde, denn „Arbeit ist Arbeit, und die muss halt nun mal gemacht werden“), oder sei es, herauszufinden, worin wir wirklich gut sind. Wie wir, und sei es nur die Zeit neben einem Angestelltenverhältnis, persönliche Potentiale entfalten können. Nicht dem Leben mehr Tage – achtung, cheesy!- sondern den Tagen mehr Leben zu geben.
Glaubt mir, das sind immer wieder spannende Gespräche. Oft dann, wenn man sie nicht erwartet und nach Hause geht mit dem Gedanken „was’n deep talk“. Und auch der will verarbeitet werden.
Wer meine Beiträge über die letzten Monate und Jahre verfolgt hat, weiß, dass ich aufgrund sowohl beruflicher als auch privater Tätigkeit im Social Media Universum immer wieder beide Seiten der Medaille sehe. Da sind mittlerweile Freundschaften, die es ohne grossstadtklein nicht gäbe. Wirklich tolle Momente. Und inspirierender Austausch, der immer wieder deutlich macht, hinter all diesen schönen Bildern und perfekten Outfits, Urlauben, Inneneinrichtungen und und und.. stecken doch nur Menschen, die genauso wie ich auch Momente haben, in denen die schöne Welt verunsichert und man Gefahr läuft, sich in die falsche Richtung zu vergleichen.
Ich bin ein sehr dankbarer Mensch und an 9 von 10 Tagen mehr als zufrieden mit mir. Aber lasst mich mal an Tag 10 durch die Social Media Welt surfen, da sitzt mir zuweilen auch schon mal das Ego auf der Schulter, mit Tränen in den Augen vor Lachen. Zwei Stunden später lache ich aber wieder immerhin über mich selbst und umarme mein Ego.
Aus meiner Sichtweise wandelt sich selbst Instagram langsam zu einer Plattform die zwar nach wie vor zu unseren 5 Minuten Entertainment beiträgt – in der sich aber auch zunehmend politischer, sozialer und über den eigenen Tellerrand inspirierender Content etabliert. Brennt in Frankreich eine Kathedrale wandelt sich innerhalb weniger Stunden der Bericht von Entsetzen über die Tatsache als solche hin zu einer viel größeren Diskussion, nämlich der, warum wir einem brennendem Gebäude kollektiv eine solche immense spontane Aufmerksamkeit schenken, während stündlich Themen eine weitaus größere Aufmerksamkeit erfordern würden. Als eine der Plattformen meiner Generation haben wir hier die reinste Awareness-Waffe, ich finde das oft großartig. Und während langsam viele gesättigt sind von kollektiver Schwarmkreativität, bewegen wir uns wieder hin zu Persönlichkeit, Ehrlichkeit und hierauf bezogen für mich persönlich am wichtigsten: dem Gegenteil von Perfektion. Und Sinnhaftigkeit.
Ende meines kleinen Exkurses in meine Gedankenwelt zum Social Media Konsums, zurück zum Thema Unter- und Überschätzung. Ich habe mich überschätzt, das habe ich die Tage gelernt und war gezwungen, mich Ruhe auszusetzen. Zeit mit mir – nur mir. Weil ich, und ich wage zu behaupten, einige von uns, unterschätzen, wie viel Zeit wir für uns selbst brauchen. Wie wichtig es ist, hinzuhören.
Das werde ich die Osterfeiertage noch etwas fortsetzen, mich ein wenig zurückziehen ins Analoge, das Handy überwiegend beiseite legen, das Wetter genießen, Spazieren gehen, Mini Rommy mit Oma spielen, die Kochkünste meiner Mutter wertschätzen und wieder mal ein Buch in die Hand nehmen.
Und weil ich kein großes Schreiberlein bin, bitte ich den Roten Faden, der hier durch Abwesenheit glänzt, zu entschuldigen. Es handelt sich hierbei um eine reine Momentaufnahme. Und das muss und darf hier auch mal sein, wer wäre ich, diese auf Perfektion zu trimmen?
Wie Ihr aber wisst, der Austausch mit euch liegt mir am Herzen und ich freue mich immer wieder über Diskussionen mit Sichtweisen, die ich noch nicht gesehen habe. Von daher, findet ihr euch hier wieder? Seid ihr getrieben? Habt ihr euren Platz gefunden? Was tut ihr gegen Stress & Hektik? Nehmt ihr euch Zeit für euch bewusst? Freut ihr euch über Absagen von Terminen?
xx & frohe Osterfeiertage