Was als Visa-Run unspektakulär angedacht war, entpuppte sich für Nils und mich zu einem unserer schönsten Abenteuer. Singapur, so reich an Facetten, werden wir so schnell nicht mehr vergessen.
Als ich mich für meinen Visa-Run zwischen Kuala Lumpur und Singapur entschieden hatte, hatte ich mir zuvor nicht einmal etwas über die beiden Städte angelesen. Letztlich entschied der Flugpreis über mein Ziel. Sollten ja auch nur ein paar h sein, dazu dienend, mein Visa verlängern zu können. Umso mehr freute ich mich aber über Nils Idee, mich zu begleiten und einen Städtetrip zu machen. Und je mehr ich dann doch über Singapur las, umso mehr freute ich mich auf unseren Trip.
Wir starteten an einem Freitag sehr früh morgens und verließen direkt mittags schon unser Hostel in Singapur um die Stadt zu erkunden. Das liegt daran, dass der Flughafen in Singapur eine wahnsinnig gute und schnelle Verbindung ins Zentrum hat. Apropos Verbindung, wir fuhren drei Tage lang zig mal mit den Öffentlichen und zahlten dafür pro Person gerade einmal 16€. Das sollte jedoch auch alles sein, was uns preiswert Freude bereitete.
Als wir unser Hostel bzw. unser Zimmer betraten, herrschte zwischen uns ein kurzes beklommenes Schweigen. Mein erster Gedanke war nur „oh nein, und ich hab das gebucht“. Wir mögens hübsch, ja, und wir haben kein Problem mit Low-Budget, nur hatten wir tatsächlich für unser Geld mehr erwartet – wir habens überlebt, eine Hostel-Empfehlung habe ich an dieser Stelle nur eben nicht 😀
Unser kleiner Hostel-Schock geriet jedoch sofort in Vergessenheit, als wir die ersten Meter unseres 16km Marsches am ersten Tag zurück legten und ins arabische Viertel eintauchten. Nicht nur, dass eine Moschee umgeben von Wolkenkratzern etwas Skurriles ausstrahlt, das ganze Viertel beeindruckte uns mit jedem Detail. Tagsüber laden die Restaurants geschmückt mit den typisch orientalischen Mosaik-Lampen ein, abends gehen Touristen und leicht bekleidete „Politessen“ Hand in Hand.
In den Gassen mit nur einstöckigen Gebäuden, alle bunt und teilweise künstlerisch bemalt, kann man sich wunderbar treiben lassen und so viele neue Eindrücke aufnehmen. Schon hier war uns klar, Singapur ist eine coole Stadt.
Unser Weg führte uns weiter in Richtung Marina Bay, die Gegend in der das Riesenrad und das bekannte – wie ich finde nicht sonderlich schöne – Marina Bay Sands Hotel steht. Am Fuß des Riesenrads war ein süßer Eisstand mit so schönen rot-weißen Markisen. Quasi auf Retro gemacht, da konnte ich nicht widerstehen. Himbeer-Pannacotta für mich und Pistazie für Nils. Da Singapur wirklich teuer für uns erschien und wir plötzlich einmal mehr überlegten, was und ob wir kaufen, war diese Kugel Eis für uns wieder was ganz Besonderes und wir saßen eine Weile am Riesenrad mit Blick auf die Bucht.
Nils entdeckte unweit von uns ein kleines Fährhäusschen & die Dame darin erklärte uns freundlich die Fährfahrt durch die Buchten, die mit knapp 16€ für etwa 40 Minuten für uns noch attraktiv war. Wir lieben es, in fremden Städten – und selbst in Hamburg zig Male – auf dem Wasser zu sein und von dort aus viele Sehenswürdigkeiten schon zu sehen. Die Fahrt kann ich daher wirklich empfehlen, wichtig ist nur, dass man sich nicht für die Duck Tours sondern die Singapore River Cruise entscheidet. Die Boote werden durch einen Elektro-Motor betrieben und somit spart man sich den Motorenlärm 🙂
Als die Dämmerung einsetzte, machten wir uns auf den Weg zu den Gardens of the Bay, wo die berühmten Supertrees stehen. Bäume aus Stahl und Beton.
An diesem Abend lief eine Oper – das Klangerlebnis gemeinsam mit den Lichteffekten war eines der schönsten und beeindruckendsten Erlebnisse für mich bisher. Ich verstehe vollkommen, warum Abend für Abend hunderte von Menschen dort hinpilgern.
Für unseren Absacker vorm zu Bett gehen zog es uns wieder ins arabische Viertel, wo wir uns für einen Mojito und einen halben Liter Singapur Lager noch um 28€ erleichterten. Wer unsere Unterkunft in meiner Story gesehen hatte, kann das vielleicht nachvollziehen 😉
Tag 2 begrüßte uns mit schwülen 31 Grad um neun Uhr morgens, unsere Füße brannten vom Vortag und wir spürten nach der Nacht auf der Matratze am Boden gefühlt jeden Knochen doch es sollte wie der Tag zuvor ein weiterer unvergesslicher Tag werden.
Little India, was wieder vollkommen anders als das arabische Viertel war, gefiel uns richtig gut. Wieder viele farbenfroh bemalte Gebäude, eine Architektur, die sich von den Wolkenkratzern drum herum kaum mehr abheben könnte und ein Goldverkaufsshop neben dem anderen. Wofür sich die verschiedenen Viertel wirklich anbieten, ist sich wirklich treiben zu lassen. Mal hier rechts, dort mal links, bloß kein Ziel. So mag ich meine Reisen am liebsten und in Singapur wartet an jeder Ecke etwas neues Unerwartetes.
Von unserer Bootsfahrt aus hatten wir Clark Bay gesehen und fanden dies so skurril, dass es uns dorthin zog. Es ist der reinste Touristenspot und wohl der geschichts- bzw. kulturloseste Teil Singapurs, aber gerade dadurch, dass man meinen würde, er passt nicht in die Stadt, genau dadurch tut er es. Das Aussehen der Gegend und die Gestaltung der Restaurants erinnern – wie eine Menge in Singapur – an Disneyland.
Anschließend verschlug es uns zur Orchard Road, einer der größten Shoppingmeilen überhaupt. Vorbei an einer Menge von Malls, in denen man sich hätte Tage lang aufhalten können ohne jeden Shop durchstöbert zu haben, reizte uns der Apple Store. „Nur mal Reingucken“. Klar.
Völlig baff, leicht erschöpft (man waren wir fertig!) und wieder mit dem Gefühl, dass wir in Europa/Deutschland technisch gesehen 20 Jahre in der Vergangenheit leben wollten wir uns erneut die Show in den Gardens of the Bay ansehen, entschieden uns jedoch spontan für einen Drink auf einer Rooftopbar mit Blick über die Bay und auf das Marina Bay Sands Hotel.
Den Abend verbrachten wir erneut im arabischen Viertel, wo die vielen keinen Bars die WM-Spiele auf die gegenüberliegenden Häuserwände projezierten. Nachdem Nils Halbschwede ist, war klar, für wen wir im Spiel gegen England als wohl einzige an diesem Abend im arabischen Viertel brannten. Wenn auch nur kurz.
Unser letzter Tag startete genau so planlos wie die vorherigen beiden und endete genau so, wie wir ihn geplant hätten, hätten wir gemusst. Wir sind mal wieder perfekt drauf losgeschlendert. Das Red Dot Award Museum kürt internationale Innovationen aus jedem Bereich, wie beispielsweise Technik, Fashion, Nachhaltigkeit. Viele der Erfindungen sind dort ausgestellt und interaktiv erlebbar, wie beispielsweise VR oder kleine Roboter, die früher oder später unseren Alltag begleiten werden. Mit knapp 4 Euro Eintritt ist dieser Besuch definitiv lohnenswert, eine Wartezeit hatten wir nicht.
Als wir über die Marina Bay Sands Mall in das „Foyer“ des großen Hotels gelangten, wurden uns die flächenmäßigen Ausmaße dieses Gebäudekomplexes langsam bewusst und es ist von innen beinahe beeindruckender als von außen. Nachdem zum Hotel auch ein Casino gehört, reizte es uns, einen Blick reinzuwerfen. Und vielleicht den ein oder anderen Singapur Dollar. Pech im Spiel, Glück in der Liebe.
Gerne hätten wir uns noch das Art Science Museum angesehen, da uns die glorreiche Idee jedoch an einem Sonntag Nachmittag kam, so wie 300 Menschen in der Warteschlange auch, entschieden wir, dies beim nächsten Stopover in Singapur zu machen und sahen uns zuletzt noch einmal Chinatown an. Nicht zuletzt auch, da wir gelesen hatten einen Kiosk mit Michelin-Stern dort zu finden. Ein asiatisches Gericht zum Preis von etwa 4€, günstiger als McDonalds und dann noch aus einer mit Michelin-Stern ausgezeichneten Küche? Absolut empfehlenswert. Nur Knorpel muss man mögen.
Diesen Eintrag habe ich direkt auf dem Flug zurück nach Bali geschrieben, nun sitze ich schon wieder „zuhause“ auf der Terrasse, plage mich mit Mücken rum und bin froh, nun wieder in einem guten Bett zu schlafen und auf eine richtige Dusche. Wir sind zurückgeflogen mit einem imaginären Koffer gefüllt mit tollen Erinnerungen an einen richtig coolen Städtetrip. Auch dort einmal für eine Zeit zu leben könnten wir uns vorstellen. Ich bin gespannt, wohin die Zukunft uns noch so verschlägt 🙂
Grüße nach Deutschland und an Oma. Ich weiß, dass du seit neuestem meinen Blog liest – ich hab dich lieb.
xx